Interview? Flirt? Kneipentalk? Egal! Gut!

Was Interviewer von BBC-Kollege Chris Stark lernen sollten

Chris Stark, ein junger BBC-Radiomacher, hat den Interview-Hit des Jahres (Jahrzehnts?) gelandet. Fast 12 Millionen Mal ist sein Talk mit Schauspielerin Mila Kunis schon auf youtube geklickt worden. Und die Medien berichten über ihn. Auch in Deutschland.

Wobei: Interview? Ist es das überhaupt? Oder ist das ein Flirt, dem man da zuhört? Ein Kneipenpalaver, das man so auch täglich im Café um die Ecke hören kann? Wahrscheinlich alles drei. Und genau deshalb gut.

Jedenfalls gibt’s einiges, was man sich fürs nächste (unterhaltende) Interview von Chris Stark abhörschauen kann:

1. Natürlich sein.

Ein Interview ist (auch im Radio) oft eine recht künstliche Situation. Wie die bei Stark und Kunis eben: Zwei Stühle, zwei Mikros, nix zu trinken und in der Hand die Fragekarten. Gut kann das nur werden, wenn man es schafft, das auszublenden. Oder eben zu reagieren wie ein ganz normaler Mensch und zu reden darüber.

2. Ruhig auch mal selber was erzählen.

Denn damit knackt man den Gesprächspartner. Zieht ihn auf seine Seite. Geht mit Persönlichem in Vorleistung, weil man selber Persönliches hören will.

Stark jedenfalls hat Kunis sofort für sich eingenommen, weil er erzählt, wie aufgeregt er ist. Ob das stimmt, ist eine andere Frage. (Er macht das öfter mal.) Aber in einem Setting wie diesen kommt das eben mehr als aufrichtig rüber. Überraschend. Ehrlich. Unprätentiös. Und plötzlich sitzt Kunis nicht mehr der ach-so-wichtigen BBC gegenüber, sondern einem ganz normalen Menschen, dem man so in der Kneipe ums Eck begegnet sein könnte. So einem erzählt man auch gern selber was und unterhält sich mit ihm. Denn:

3. Sich (wenn möglich) unterhalten. Nicht nur fragen.

Auch das macht Interviews interessant. Für den Gesprächspartner. Und für den Zuhörer.

Bei Stark und Kunis jedenfalls hat man als Hörer schnell das Gefühl, einem Gespräch am Nachbartisch zu lauschen – mit allen Überraschungen, emotionalen Nuancen und persönlichen Geschichten, die auf die Art möglich sind. Und das ist eben spannender als ein reines Frage-Anwort-Ping-Pong, das nicht selten nach „Lehrer fragt Schüler“ klingt.

4. Nicht fragen, was alle fragen.

Oder okay: Nicht NUR fragen, was alle fragen. An ein, zwei Themen, auf die alle warten, kommt man oft nicht vorbei. Und wenn dann nur, in dem man’s bewusst zum Thema macht. Und genau das ist ja auch in diesem Fall so: Kunis liefert den (langweiligen) Pflichtteil zum Film im ironischen Schnelldurchlauf. Fertig. Und jetzt wieder zum spannenden Teil. Sehr amüsant.

Bleibt noch die wichtigste Lehre:

5. Interessiert, engagiert + leidenschaftlich sein.

Denn mal ehrlich: Das ist es, was Chris Starks Talk mit Kunis (und andere) so faszinierend macht. Er strahlt eine Begeisterung aus für sein Interview wie kaum jemand sonst. Er vermittelt ohne Wenn und Aber, dass jeweils dieses konkrete Gespräch für ihn was Besonderes ist. Und das macht es auch für Gesprächspartner und Hörer zu etwas Besonderem.

Übrigens, so zufällig und überraschend das Kunis-Interview von Stark wirkt: Das war kein Zufallstreffer! Andere Interviews von Stark zeigen: Er macht das immer so. Er weiß, was er tut. Er ist ganz bewusst ein souveräner Erzähler, authentischer Typ und interessierter Talker. Und wer weiß: Vielleicht hat auch er irgendwo fünf Regeln notiert.

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