Es sollte mehr „geschlegelt“ werden!

Warum man bei einer Umfrage auch mal mehr als nur fragen darf.

Weihnachten im Herbst?
Dazu lässt sichs wunderbar „Schlegeln“.

Eins vorneweg: „Schlegeln“ gibt’s nicht. Ich nenn das aber so, weil es einen SWR-Kollegen gibt, der das, worum es hier geht, zur Perfektion gebracht hat: Stefan Schlegel, Reporter im Studio Freiburg. Und immer, wenn ich Umfragen von ihm höre, schmeiß ich mich weg. Warum? Weil sie das gewisse Etwas haben und Stefan bei Umfragen mehr tut, als nur Fragen stellen.

Im Fachsprech würde man vielleicht sagen: das sind „moderierte Umfragen“ oder „Gesprächscollagen“ oder „Talk-Beiträge“. Aber egal wie man’s nennt. Entscheidend ist: Durch „Schlegeln“ kriegen auch altbekannte Umfragethemen Hinhörer-Qualitäten. Denn Stefan unterhält sich eher mit den Leuten, als nur Antworten zu sammeln. Er lässt auch überraschende Wendungen zu und erlaubt sich eine Spur Ironie, ohne andere vorzuführen.

Jüngstes Beispiel: Seine „Umfrage“ zum Thema „Spekulatius im September“.

Ähnlich schön: Seine „Gesprächscollage“ zum angeblichen Weltuntergang 2012 und der  Frage „Was machen Sie denn noch – jetzt – in den letzten Tagen Ihres Lebens?“

An dieser Stelle schon mal Achtung: Wer das beim Anhören nicht witzig fand, muss gar nicht weiterlesen. Allen anderen, empfehle ich: Ausprobieren. Aber wie? Ich habe Stefan um Tipps gebeten.

Stefan Schlegel macht seit 14 Jahren Radio. Hat mal Philosophie studiert. Wurde dauernd gefragt: „Und was willste damit machen?“ Da blieb nur: Unbescholtene Bürger in der Fußgängerzone belästigen, um daraus Beiträge für den SWR zu machen. Hat Spaß dabei.

„Man braucht vor allem Freude an der Begegnung,“ sagt Stefan. „Man muss sich auf die Leute freuen. Die müssen spüren, dass Du offen bist, dass Dich interessiert, was sie zu sagen haben. Und natürlich muss man sich mit dem Thema wohlfühlen. Wer sich fragt ‚Wie soll das gehen?‘ wird keine gute Nummer hinbekommen.“

Dann: „Ja, ein wenig muss man sich überlegen, worauf man hinaus will.“ Heißt wohl: Wie für jede andere Umfrage auch sollte man sich klar machen, was genau das Thema ist. Und vermutlich muss man sich selbst eine klare Rolle verordnen: Ich bin der, der anderen heute schon Lust auf Spekulatius machen will. / Ich bin der, der glaubt, dass demnächst die Welt untergeht, und der ernsthaft wissen will, was seine Mitmenschen umtreibt. Stefan Schlegels Beispiele zeigen aber auch, dass die Rolle nicht übertrieben exaltiert sein darf.

Stefan gibt als Reporter nur den Spiegel für die Antworten der Befragten. Er drängt sich nicht auf. Bemüht keine vorbereiteten Pointen. Ist nicht bösartig. Er lässt den Gesprächspartnern Raum für ihre Ansichten, Geschichten, Ideen.

Deshalb: Lasst Euch überraschen. Hört zu. „Wenn man die Menschen erzählen lässt, kommt auch was. Da passiert genug. Die meisten Leute haben was zu sagen. Übrigens: Zu vielen Themen,” findet Stefan. „Medien sind so allgegenwärtig, dass viele Menschen – im guten Sinn – keine Ehrfurcht mehr haben und deshalb souverän und locker im Umgang mit Reportern sind. Bei manchen Themen ist der Experte im Studio sicher die bessere Wahl, aber oft genug soll der Experte den vermeintlichen Wunsch nach objektiver Wahrheit befriedigen. Die meisten Dinge sind aber eine Frage der Perspektive.“

Stefan nimmt übrigens alle Bestandteile – auch Zwischentexte – vor Ort auf. „Ich finde das organischer,“ sagt er. Und schöner Nebeneffekt: Die Texte werden erzählerischer. Denn wer nicht erst was auf’s Papier bringen muss, formuliert gleich so, wie es sich gut sprechen lässt.

Dann also los“geschlegelt“. Und wenn’s was geworden ist, einfach schicken. Ich freu mich drauf.

Foto von Garuda - Some rights reserved. - Quelle: piqs.de

 

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